Experten-Interview: »Genuss und Lebensfreude stehen im Mittelpunkt.«

Experten-Interview: »Genuss und Lebensfreude stehen im Mittelpunkt.«
22. April 2025
Gesellschaft
Öl des Monats
Experten-Interview: »Genuss und Lebensfreude stehen im Mittelpunkt.«
»Wir sind 9 Millionen.« Dieser Satz ist in Deutschland mittlerweile ein Synonym für neue Chancen und Freiheiten geworden, aber auch für Hitzewallungen und Schlafstörungen. Denn 9 Millionen Frauen befinden sich Schätzungen zufolge aktuell in den sogenannten Wechseljahren.
Einer, der sich mit dem Thema auskennt, ist der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Michael Freude. Er arbeitet seit beinahe 30 Jahren in diesem Bereich, seit 2004 als niedergelassener Frauenarzt in Meißen – nur wenige Autominuten von unserer Ölmühle entfernt. Mit ihm haben wir darüber gesprochen, was die Wechseljahre für Frauen bedeuten und welche Empfehlungen er für diesen speziellen Lebensabschnitt hat.
Dr. Freude, 9 Millionen Frauen in den Wechseljahren – das ist eine riesige Zahl. Gibt es denn tatsächlich so viele Betroffene?
Das Thema wird momentan viel diskutiert. Aber ja, im Durchschnitt geht die bundesdeutsche Frau mit cirka 50 in die Wechseljahre. Genau genommen ist das die Zeit, wenn die Follikel-Reserven in den Eierstöcken aufgebraucht sind.
Es verändert sich sehr viel im Körper in dieser Zeit: Die Regelblutung wird häufig unregelmäßig und bleibt schließlich aus, und der Grundumsatz – also der Energiebedarf, die ein Körper im Ruhezustand benötigt – verringert sich. Das Ganze ist ein Prozess, meist ist es ein Rausstolpern … Meiner Erfahrung nach hat etwa ein Drittel der Frauen in dieser Zeit starke Probleme, ein Drittel der Frauen hat wiederum gar keine Beschwerden.
Bei welchen Symptomen sollten Frauen aufhorchen und sich Hilfe suchen?
Die Klassiker sind Hitzewallungen und Schlafstörungen, aber auch psychische Veränderungen sowie Knochen- und Gelenk-Beschwerden – das Osteoporose-Risiko steigt. Durch das Absinken des Grundumsatzes haben viele Frauen auch mit einer Gewichtszunahme zu kämpfen.
Das macht einem ehrlich gesagt etwas Angst.
Nein, man muss definitiv keine Angst vor den Wechseljahren haben! Wenn eine Frau leidet, können wir Frauenärztinnen und Frauenärzte sehr gut helfen. Mit einem Lifestyle-Change, mit der richtigen Ernährung und viel Bewegung kann man viel erreichen – und übrigens auch schon Symptomen vorbeugen. In den Wechseljahren muss sich ein Wechsel der Gewohnheiten vollziehen, denn die Biologie des Körpers verändert sich deutlich. Bei starken Beschwerden kann ich die Frauen mit einer individuellen und risikoadaptierten Hormonersatz-Therapie behandeln. Aber ganz wichtig ist: Genuss und Lebensfreude sollen auch und gerade in den Wechseljahren im Mittelpunkt stehen - nicht Frust.
Das heißt, grundsätzlich ist der Frauenarzt in dieser Zeit der richtige Ansprechpartner?
Auf jeden Fall. Die Einstellung, eine Frau muss auch starke Beschwerden schicksalshaft erleiden, ist in meinen Augen falsch. Und übrigens auch in der Zeit danach lohnt es sich, sich Rat und Hilfe beim Frauenarzt zu holen. Der Hormonmangel, der dann ein Leben lang bleibt, kann zu Veränderungen und Problemen führen. Je älter man wird, umso sinnvoller ist es, zum Frauenarzt zu gehen. Stichwort: Vorsorge.
Machen Sie uns Frauen zum Abschluss bitte noch etwas Mut – auf welche positiven Begleiterscheinungen der Wechseljahre dürfen wir uns freuen?
Viele Dinge sind positiv: Sie brauchen nicht mehr verhüten; man hat keine Regelblutungen mehr; auch Myome können in der Gebärmutter nicht mehr wachsen … Dazu kommt häufig ein Wechsel im gesellschaftlichen, beruflichen und familiären Umfeld, der oft auch positiv wahrgenommen wird. Frauen verbringen ungefähr ein Drittel ihrer Lebenszeit in der Menopause – es ist an ihnen selbst, diese Zeit zur wertvollsten ihres Lebens werden zu lassen.
Bleiben Sie oder kommen Sie wieder in Bewegung, laufen Sie viel und schauen Sie sich neugierig die Natur an. Sie ist voller Wunder. Und habe Sie den Mut, auch das Thema Gewicht genussvoll anzugehen und geben Sie Ihrem Körper das, was er in dieser Lebensphase besonders benötigt – weniger, aber das Richtige.