Essen verändert die Welt. Mehrweg ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg. »Mit der neuen Mehrweg-Ölflasche mit Ausgießer entwickeln wir die Speiseöl-Herstellung nachhaltig weiter«, sagt Judith Faller-Moog, Gründerin und Inhaberin von BIO PLANÈTE. Der neue Mehrweg-Kreislauf für Speiseöl wird 2023 Realität – dank des Systemanbieters dotch, der eine standardisierte, bruchsichere Öl-Mehrwegflasche entwickelt hat, die bis zu 50 Mal wiederverwendet und am Pfandautomaten im Bio-Handel zurückgegeben werden kann. BIO PLANÈTE ist die erste Ölmühle, die das neue System umsetzt. Wird es vielleicht Speiseöl irgendwann ausschließlich in Mehrweg geben?
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Die neue BIO PLANÈTE-Mehrwegflasche hat 50 Leben. So oft kann die erste Öl-Flasche für den deutschen Markt wieder befüllt werden, bevor sie recycelt wird.
Acht auf einen Streich
Wir starten 2023 mit acht Ölen in der 500 ml-Mehrweg-Flasche für den deutschen Naturkostfachhandel. Die Umstellung unseres Sortiments auf Mehrweg geht jedoch nicht auf ein Mal. Wir haben mehr als 70 verschiedene Bio-Öle in unterschiedlichen Flaschengrößen. Das müssen wir gut planen. Schon 2024 bereiten wir die Umstellung der 250ml-Flaschen auf Mehrweg vor.
Die acht ersten Bio-Öle in der Mehrwegflasche für Öl gehören zu den beliebtesten Produkten unserer Kundinnen und Kunden und tragen unser Leitmotiv #ESSENVERÄNDERTDIEWELT auf dem Etikett. Besonders am Herzen liegen uns das Sonnenblumenöl nativ sowie das Rapsöl nativ. Sie gehören zu unserer Initiative »Aus gutem Grund« - Anbau und Verarbeitung der Saaten finden zu hundert Prozent in Deutschland statt.
So funktioniert das Mehrwegsystem
50 Cent Pfand müssen sein
Der Flaschenpfand ist ein wichtiger Anreiz für die Rückgabe der Flaschen am Pfandautomaten. Durch deren Wiederverwendung werden Ressourcen und Energie gespart und die Umweltverschmutzung reduziert.
Zwischen 8 und 25 Cent Pfand sind aktuell üblich – das ist zu wenig. Denn die Erfahrung zeigt: Viele Flaschen finden nicht den Weg zurück in den Mehrweg-Kreislauf.
Jede Flasche zählt! Für die Mehrwegflasche für Speiseöl werden deshalb 50 Cent Pfand erhoben. Weil das in etwa dem tatsächlichen Wert der Flasche entspricht und dadurch hoffentlich noch mehr Menschen achtsamer mit Mehrweg-Glas umgehen.
Die Rückgabe der leeren Flaschen ist in Bio-Läden möglich, wo es Öl-Mehrwegflaschen gibt, entweder am Pfandautomaten oder direkt an der Kasse.
Mehrweg ist nachhaltiger als Recycling
Glas ist schwerer als Plastik, die Flaschen müssen gereinigt werden, und die Deckel inklusive Ausgießer werden nur einmal genutzt. Ist die Mehrwegflasche also überhaupt besser als die Plastik-Einwegflasche? Ja! Mehrweg ist und bleibt die nachhaltigere Lösung! Mit Blick auf die Ökobilanz ist die Mehrwegflasche bereits ab der zweiten Wiederverwendung nachhaltiger als die Einwegflasche. Durch die Umstellung auf Mehrweg sparen wir als Ölmühle potenziell 290 Tonnen CO2 pro Jahr ein – das entspricht der Summe CO2, die alle Mitarbeiter der Ölmühle jährlich mit ihren Autos erzeugen.
Übrigens: Mehrweg und Recycling sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Eine Mehrwegflasche wird bis zu 50 Mal wiederverwendet. Danach wird das Glas bei etwa 1.600 Grad Celsius eingeschmolzen, um daraus neue Flaschen zu produzieren.
Beim Recycling wird das Glas bereits nach einmaliger Nutzung eingeschmolzen. Das passiert aktuell noch mit schätzungsweise 320 Millionen Speiseöl-Einwegflaschen, die jedes Jahr in den deutschen Glascontainern entsorgt werden. Das verursacht unvorstellbare 85.000 Tonnen CO2. Wir haben in der Vergangenheit deshalb immer nach Lösungen gesucht, die Glasflasche nachhaltiger zu machen. Jetzt haben wir sie.
Speiseöl in der deutschen Mehrwegflasche – besser geht’s nicht!
Glas ist die beste Verpackung für Öl! Denn unser grünes Glas garantiert einen hohen Lichtschutzfaktor, eine lange Haltbarkeit und verhindert vor allem, dass Stoffe von der Flasche in die Öle migrieren können.
Mit der Mehrweglösung sparen wir durch die Wiederverwendung außerdem CO2 und Lieferwege ein – denn sowohl die Herstellung als auch die Reinigung der Flaschen finden in Deutschland statt.
Mehrweg erkennen
Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung für Mehrweg-Getränkeverpackungen. Und da Speiseöl in der Mehrwegflasche noch neu ist, haben wir unsere Flaschen gleich an mehreren Stellen gekennzeichnet. Direkt auf dem Flaschenhals und auf dem Etikett steht in großen Buchstaben »Mehrweg«. Zudem nutzen wir das Mehrweg-Logo. Achten Sie beim nächsten Einkauf mal darauf. Vorder- und Rückseite der Flasche zeigen.
Mehrweg-Wissen für Klugscheißer
Bereits in der Antike, im alten Ägypten, Griechenland und Rom, wurden Glas und Metall gesammelt, eingeschmolzen und wiederverwertet. Das belegen archäologische Ausgrabungen. Früher war Mehrweg Standard. Und das ist auch heute unser Ziel.
Erfunden wurde das Flaschenpfand in Skandinavien: Bereits 1885 führten die Schweden ein Mehrweg-Pfandsystem für 33 cl-Glasflaschen ein. In Deutschland nutzten erstmals 1903 Frankfurter Bierhändler ein Pfandsystem für Glasflaschen.
Auch ohne gesetzliche Regelung zur Kennzeichnung nutzen hunderte deutsche Unternehmen das Mehrwegzeichen. Das entstand 2004 im Arbeitskreis Mehrweg GbR, einem Zusammenschluss von Organisationen des Umwelt- und Naturschutzes sowie Verbänden der Getränkewirtschaft.
Das Grün und Blau im Mehrweglogo symbolisieren den Himmel und die Umwelt und damit zwei wesentliche Nachhaltigkeitsdimensionen von Mehrweg: Klima- und Umweltschutz. Viele Unternehmen nutzen aber eine einfarbige Variante des Logos.
Durch Mehrwegglas werden eine Menge Ressourcen und Verpackungsmüll gespart. Experten gehen davon aus, dass eine 50 Mal wiederbefüllte Mehrwegflasche (0,7 Liter) aus Glas insgesamt 23 Einwegflaschen aus Plastik (1,5 Liter) ersetzt.
Glas ist das einzige Material, das unendlich oft recycelt werden kann, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Nachdem unsere Mehrwegflasche bis zu 50 Mal wieder befüllt wurde, dient sie also auch noch als Rohstoff zur Herstellung neuer Flaschen.
Weiße Glasflaschen enthalten mehr als 60 Prozent Altglas, grüne Glasflaschen 90 Prozent. Dabei gilt: Je höher der Altglasanteil, desto geringer der Energieaufwand und CO2-Ausstoß bei der Glasherstellung. Einweg-Plastikflaschen enthalten etwa 45 Prozent Recyclingmaterial.
Für die Herstellung neuer Glasflaschen sind neben Altglas weitere Rohstoffe wie Quarzsand, Kalk und Soda notwendig. Doch gerade Quarzsand ist knapp und dessen Abbau gefährdet mittlerweile ganze Lebensräume. Umso wichtiger ist es, Flaschen wiederzuverwenden.
Die Pfand- und Mehrweg-Pflichten in Deutschland und Europa werden jährlich ausgeweitet. Ab 2024 wird es so auch ein Pfandpflicht für Milchgetränke in Flaschen geben – und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis es auch für Speiseöle eine Regelung gibt.